7 Fragen
Q: Gottfried, du hast Smalltalk für Studierende unterrichtet?
Ja. Gerade für Studentinnen und Studenten ist es sehr wichtig, in der Kunst der leichten Konversation Routine zu bekommen. In der Schule redete man, wenn man gefragt wurde, im Studium ist man schon sehr viel freier, aber im Beruf schließlich ist die freie und lockere Kommunikation von entscheidender Bedeutung. Stelle dir nur einmal vor, wie du dich fühlst, wenn du schweißgebadet mit dem Proseccoglas in der Hand da stehst und dich nicht traust, den Vorgesetzten oder Chef anzusprechen.
Q: Kann man Smalltalk denn lernen?
Ja, natürlich. Wie alles auf der Welt, bis zu einem gewissen Grad. Das Entscheidende ist – wie auch übrigens in anderen Bereichen der Kommunikation – dass du dir drei Grundbedingungen erarbeitest
- mit der Situation vertraut sein
- Vertrauen in deine Kompetenz haben
- etwas vorhaben
Q: Und wie mache ich das?
Das erste ist der Wohlfühlfaktor. Bekomme so viel wie möglich heraus über die Situation, die Veranstaltung. Was ist der Anlass? Wie ist der Raum? Wie viele Leute kommen, wer sind diese, wer sind die Special Guests, wer die VIPs, wie pünktlich sollte man sein, wie lange bleiben, welcher Dresscode gilt, mit oder ohne Partner, Sektempfang oder Abend mit Buffet.
Oder du wirst eine längere Autofahrt mit der Chefin, dem Chef machen. Was sind deren Themen? Hobbys? Familie? Sitzt sie, sitzt er lieber auf dem Beifahrersitz? Wenn du fährst, besser schnell oder langsam?
Oder du kommst zur Vorstellung, zum Bewerbungsgespräch. Was sprichst du mit der Person am Empfang, was mit der, die dich vom Wartebereich zum Besprechungsraum führt (spielt eine größere Rolle als man glaubt, vor allem für das eigene Wohlbefinden)?
All dies klärst du, dann bist du schon viel ruhiger, weil du weisst, was auf dich zukommt.
Q: Das leuchtet ein. Aber was meinst du mit Kompetenz beim Smalltalk?
Im Fachlichen ist man ja in der Regel sehr kompetent. Beim Smalltalk kommt es auf etwas anderes an.
Du brauchst die Sicherheit in den notwendigen Techniken. In welcher Rolle wirst du sein? Übergeordnet oder untergeordnet? Was sind die typischen Inhalte der Gespräche der anwesenden Personen, Sport, Kultur, Lokales? Was sind die typischen Einstiegsfragen?
Filme inspirieren
Studiere Filme. Gerne die, die eine höfliche Etikette zelebrieren (ich schaue gerade Downton Abbey und amüsiere mich köstlich an der ausgefeilten Kunst des gehobenen Smalltalks). Beobachte Menschen beim Smalltalk. Es gibt da echte Meisterinnen und Meister.
Und du solltest natürlich regelrecht trainieren. Übe mit Freunden, einfach drauflos zu plappern, übe die verschiedenen Rollensituationen. Übe blitzschnell wechselnd über verschiedene Themen zu sprechen, z.B., indem ein Dritter dir in kurzen Abständen neue Themen zuruft, über die du dann sprichst, ohne Verzögerung, sofort losreden. Und du solltest auch geübt haben, wie du absolute No-go-Themen vermeidest, bzw., wenn sie angesprochen werden, zu umschiffen: Krankheit, Finanzielles, also Themen, die beide Seiten unangenehm berühren könnten.
Trainiere drauflos zu plappern
Trainiere, indem du auf Veranstaltungen gehst, Informationsveranstaltungen, Round Tables, Vernissagen, wo dich niemand kennt. Und sprich Menschen an. Trainiere, bis es locker funktioniert. Nimm dir vor, 5, 10 oder 20 Menschen am Abend anzusprechen. Nutze Zugfahrten, Flugreisen, Schlangen vor Kassen etc. ganz bewusst. Ergreife die Initiative (auch wenn’s manchmal schwer fällt).
Ziel: Gute Atmosphäre
Zusammengefasst also: Erarbeite dir ein Repertoire an möglichen Themen, Einstiegsfragen und Antworten. Halte dir immer vor Augen, dass der Smalltalk eine leichte, nicht in die Tiefe gehende Konversationsform ist, deren wichtigstes Ziele gute Atmosphäre und lockere Kontaktaufnahme sind.
Q: Und was meinst du mit „Etwas vorhaben“?
Mache doch bitte einfach einmal den Versuch, durch den Raum zu gehen, ohne zu wissen wo genau du hingehen willst. Du wirst herumeiern. Genauso bewegst du dich im Gespräch, wenn du ohne Ziel sprichst. Überlege dir also, was du auf dieser Veranstaltung, bei dieser Begegnung im Sinn hast. Willst Sie, z.B. bei der Weihnachtsfeier oder beim Neujahrsempfang bestimmte Personen kennen lernen, mit bestimmten Personen eine persönliche Vertrautheit herstellen oder mit der Chefin/dem Chef den Kontakt vertiefen? Wenn du dies für dich geklärt hast, wirst du dich auf der Veranstaltung überzeugend bewegen können.
Zielstrebig bewegen
Du wirst z.B. am anderen Ende des Raumes Herrn XY sehen, mit dem du immer schon mal ein paar Worte wechseln wolltest. Du gehst nun also durch den Raum mit einem klaren Ziel. Die andern werden dich – bewußt oder nur aus den Augenwinkeln – wahrnehmen als eine Person, die weiß wo sie hingeht, ganz konkret.
Und wieder trainieren
Du kannst dies trainieren, indem du in einem Raum z.B. zum Fenster oder zu einem Bild gehst und dieses betrachtest (möglicherweise wird eine zweite Person dich ansprechen auf dieses Bild oder du kannst selbst eine Person ansprechen). Du kannst auch gezielt zu einer Person gehen und diese ansprechen. Beobachte dabei bitte, wie sich dein Gang verändert, wie du dich mit sicher gesetzten Schritten bewegst.
Rückwirkung auf mich selbst
Dies hat auch eine Rückwirkung auf dich selbst. Spürst du das?
Du kannst dir auch vornehmen, ziellos wie auf einer Promenade zu schlendern und alle Personen, denen du begegnest, freundlich lächelnd zu grüßen.
Du trainierst hier also zweierlei: dir ein klares Ziel zu setzen und es umzusetzen.
Ähnliches gilt für die weiteren angesprochenen Situationen, wie Vorstellungsgespräch oder im Auto mit dem Chef. Je klarer du für dich selbst deine Rolle und die daraus folgenden Handlungsweisen vorgeplant habst, umso ruhiger und selbstsicherer wirst du in der Situation sein und dies auch ausstrahlen.
Q: Man liest ja häufiger, dass man sein Gegenüber dort abholen solle, wo sie oder er ist. Gilt das auch beim Smalltalk?
Ja, absolut. Die Wahrnehmung für die andere Person und sich selbst ist in dieser leichten flüssigen Kommunikationsart besonders wichtig.
Dazu gleich mal eine Frage: Wie geht es dir, wenn jemand mit dir spricht, und du hast das Gefühl, er ist mit seinen Gedanken, Augen und Ohren eigentlich ganz woanders? Genau, nicht besonders gut. Deshalb bitte ich dich, sei sehr zugewandt, nimm dein Gegenüber sehr genau wahr und – und das ist ganz wichtig – auch deine eigenen Reaktionen.
Mit den eigenen Wahrnehmungen das Gespräch steuern
Fühle ich mich in dem Gespräch wohl, nehme ich eine Spannung wahr, fühle ich mich gar unwohl? Versuche herauszufinden, woran das liegt. Sprichst du zu lange mit der Person? Vielleicht beobachtest du, dass diese Personen dringend mit einer weiteren Person sprechen möchte? Oder zum Buffet hinüberschaut, weil es dort etwas Leckeres gibt oder dort eine für sie interessante Person steht?
Reagiere darauf, indem du dich verabschiedest. Dies begründest du mit der Notwendigkeit, eine andere Person treffen zu wollen, zum Buffet gehen oder dir ein Getränk holen zu wollen.
Alles mit Leichtigkeit und nach Möglichkeit Eleganz. Genieße es, die Fäden in der Hand zu haben und das Gespräch zu steuern.
Q: Sollte ich eine bestimmte Haltung einnehmen, bestimmte Gesten und Bewegungen einüben?
Die Frage, wie viel erlernte Gesten, Kopfhaltungen oder Redewendungen wirklich nützen, fordert deine Beobachtungsgabe und Wahrnehmungsgenauigkeitkeit. Wirken manche Personen auf dich gekünstelt? Unnatürlich? Hast du im Gespräch das Gefühl, dass die Person mit diesen äußeren Formen etwas erreichen will, dich beeindrucken will? Oder alles ganz richtig machen will?
Die echte Person
Nach meiner Erfahrung nützt es wenig, sich bestimmte Gesten und Bewegungen aneignen zu wollen. Die wirken nicht echt. Es kommt einzig und allein darauf an, dass dein Persönlichkeit sichtbar wird.
Das geschieht nur, wenn du unverstellt und ungekünstelt handelst. Wenn du also dafür gesorgt hast, dass du dich wohl fühlst, wenn du die Techniken beherrschst und wenn du schließlich weißt, was und wohin du willst, dann kannst du innerlich ruhig sein und wirst überzeugend wirken. Du reagierst und agierst, wie es die Situation erfordert. Spielerisch, individuell, mit Leichtigkeit und einem lächelnden Gesicht.
So, wie du wirklich bist.