Die große Rede. Und ich bin so dankbar, dass mir jemand zunickt, mich bestätigt und meine Nerven beruhigt. Ich bin offensichtlich auf dem richtigen Weg.
Vorsicht!
Wenn ich mich abhängig mache, von dem Nicken im Publikum, könnte es aber auch etwas ganz anderes sein.
Es könnte nämlich bedeuten, dass ich mir fachlich nicht ganz sicher bin, und durch das Suchen nach dem Nicken versuche, mir Sicherheit zu suggerieren.
Es könnte sein, dass ich mir meiner Wirkung nicht sicher bin, und das Nicken als Bestätigung dafür zu nehmen, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
Es könnte sein, dass ich in mir selbst zutiefst unsicher bin, und jeden Strohhalm dankbar ergreife, der mehr Sicherheit suggeriert.
Es könnte sein, dass ich grundsätzlich an mir selbst, an meiner Kompetenz, zweifle, und dieses Signal von außen benutze, um diesen Zweifel kleiner werden zu lassen.
Und es könnte sein, dass ich verschiedene Signale abgegeben habe, die andere Menschen ermutigen, Zustimmungssignale abzugeben, weil ich so dringend Zustimmung brauche.
Es könnte sein, dass die nickende Person mich nicht ganz voll nimmt und mir ein wenig auf die Sprünge helfen will. Will ich das, nicht ganz ernst genommen werden?
Es könnte also sein, dass dieses Nicken der Menschen im Publikum für mich kein gutes Signal ist, sondern mir zeigt – da ich es wichtig nehme -, dass ich mich total abhängig mache. Vom Urteil und von der Zustimmung der anderen. Will ich das?
Denn hier liegt die Gefahr.
Manipulierende Menschen könnten mit Absicht nicken.
Sie könnten sich mit dieser Sympathie-Bezeugung einfach nur einschmeicheln wollen, eine gute Stimmung zwischen sich und mir als Redner aufbauen, um das eventuell später auszunutzen.
Sie könnten aber auch mich in Sicherheit wiegen wollen, mir zeigen wollen, dass ich das schon gut mache, was auch eine Manipulation in Zukunft ermöglicht.
Sie könnten aber auch – und jetzt wird es richtig spannend -, mich verführen wollen, einen Gedanken weiter auszuführen, weiter als ich es ursprünglich geplant habe, und mich damit zur Äußerung hinreißen, die mir selber schaden oder die mich unnötig festlegen.
Es könnte aber auch sein, dass sie mich einfach zu ihrer Gedankenmannschaft hinzufügen wollen.
Natürlich gibt es auch das Positive.
Wenn ich eine Freundin oder einen Freund ins Publikum setze, der mir am Anfang meiner rednerischen Karriere durch aufmunternde Blicke und Nicken verdeutlicht, dass ich meine Sache gut mache, dann ist das unterstützend und hilft mir.
Das kann man durchaus als gute Unterstützung am Anfang einer Rednerkarriere empfehlen. Aber bitte, unbedingt vorher planen, unbedingt seine eigenen Claqueure mitbringen.
Mein Tipp
Um nicht auf diese Zustimmung signalisierenden Menschen hereinzufallen, kannst du deine Sicherheit im Auftritt und Sprechen trainieren. Dazu gibt es viele Kurse, Coachings und Trainings. Ich möchte hier nur zwei wichtige Aspekte erwähnen.
Wenn du vorne stehst, solltest absolut überzeugt sein vom Inhalt, solltest super im Thema stehen, eine gute Struktur eines Vortrages erarbeitet haben und frei sprechen. Es sollte definitiv dein Thema sein und du solltest es mit einem inneren Feuer vortragen, das jede und jeden überzeugt.
Ein wirklich entscheidender und zentraler Punkt einer jeden Rede ist der Kontakt zum Auditorium. Durch Nervosität und Unsicherheit könntest du auf dich zurückfallen. Wenn du aber die Menschen anschaust, sie versuchst zu erkennen, dürfte sich das ändern. Die Fragestellungen sind einfach. Passt die Schminke zu der Person, muss dieser Dreitagebart wirklich sein, passt die Kleidung, die Frisur, welche Ausstrahlung geht von der jeweiligen Person aus.
Dieses lebendige Interesse an den Menschen verändert die Situation völlig. Die Menschen fühlen sich gesehen, wahrgenommen, und sind dir gegenüber offener und interessierter. Das ist es doch, was du möchtest, eine vertraute, offene Atmosphäre. Da werden die Nicker im Publikum dir gar nicht mehr auffallen.