Gestern im Seminar. Wieder so eine typische Szene. Ein junger Handwerker steht vorne und versucht seine Nervosität in den Griff zu bekommen. Er zappelt rum, verhaspelt sich, ist offensichtlich gar nicht glücklich. „Schauen Sie doch die Menschen im Publikum an“ versuche ich ihn in den Kontakt zu seinem Auditorium zu bringen. Und sein verzweifelter Ausruf „Ich kann doch immer nur e i n e n angucken!!!“ zeigt mir, woran wir arbeiten dürfen.
Wir probieren mit der ganzen Gruppe. Jeder sucht Kontakt mit einer Person und nimmt wach und interessiert auf: den Gesamteindruck, Einzelheiten wie Frisur, Schmuck, Brille, Dreitagebart, Schminke, Kleidung und Ausstrahlung. Und genießt mit lebendigem Interesse den Blick: wie wach schaut das Gegenüber, wie offen, wie wissbegierig. Man erfreut sich dran, wie sympathisch die Person ist, die man gerade anschaut. Nach einigen Übungsläufen darf dann jeder alleine nach vorne und schaut in dieser interessiert-aufnehmenden Art drei Personen des Publikums an. Das Publikum wird befragt, ob die drei Personen sich wahrgenommen gefühlt haben. Und hier zeigt sich schon das Erstaunliche. Sobald eine Rednerin oder ein Redner mit diesem lebendigen Interesse einzelne Personen im Saal intensiv wahrnimmt und mit ihnen nonverbal kommuniziert (denn das ist es ja), haben alle das Gefühl in guter Kommunikation zu sein, auch die, die nicht direkt Blickkontakt hatten. Erklären kann man das nicht…
Als der junge Mann wieder vorne steht, ist seine Nervosität wie weggeblasen. Er steht souverän da, spricht zu einzelnen Personen mit wachem, offenem und lebendigem Blick und kommt zielstrebig und authentisch rüber – für alle. Was will man mehr!