Smalltalk – Die Kunst der leichten Konversation

01.10.13 CampusLife – Magazin der Frankenpost Hof

Interview mit Gottfried Hoffmann, Sprecher- und Präsentationstrainer aus Hof

Herr Hoffmann, sie unterrichten Smalltalk für Studenten?

Ja. Gerade für Studentinnen und Studenten ist es sehr wichtig, in der Kunst der leichten Konversation Routine zu bekommen. In der Schule redete man, wenn man gefragt wurde, im Studium ist man schon sehr viel freier, aber im Beruf schließlich ist die freie und lockere Kommunikation von entscheidender Bedeutung. Stellen Sie sich nur einmal vor, wie Sie sich fühlen, wenn Sie schweißgebadet mit dem Prosecco Glas in der Hand dastehen und sich nicht trauen, den Vorgesetzten oder Chef anzusprechen.

Kann man Smalltalk denn lernen?

Ja, natürlich. Wie alles auf der Welt, bis zu einem gewissen Grad kann es jeder erlernen. Das entscheidende ist – wie auch übrigens in anderen Bereichen der Kommunikation – dass Sie sich drei Grundbedingungen erarbeiten

  1. mit der Situation vertraut sein
  2. Vertrauen in ihre Kompetenz haben
  3. Etwas vorhaben

Und wie machen wir das?

Das erste ist der Wohlfühlfaktor. Bekommen Sie so viel wie möglich heraus über die Situation, die Veranstaltung. Was ist der Anlass? Wie ist der Raum? Wie viele Leute kommen, wer sind diese, wer sind die Special Guests, wer die VIPs, wie pünktlich sollte man sein, wie lange bleiben, welcher Dresscode gilt, mit oder ohne Partner, Sektempfang oder Abend mit Buffet.
Oder Sie werden eine längere Autofahrt mit der Chefin, dem Chef machen. Was sind deren Themen? Hobbys? Familie? Sitzt sie, sitzt er lieber auf dem Beifahrersitz? Wenn Sie fahren, besser schnell oder langsam?
Oder Sie kommen zur Vorstellung, zum Bewerbungsgespräch. Was sprechen Sie mit der Person am Empfang, was mit der, die Sie vom Wartebereich zum Besprechungsraum führt (spielt eine größere Rolle als man glaubt, vor allem für das eigene Wohlbefinden)?

All dies klären Sie, dann sind Sie schon viel ruhiger, weil Sie wissen, was auf Sie zukommt.

Das leuchtet ein. Aber was meinen Sie mit Kompetenz beim Smalltalk?

Im Fachlichen ist man ja in der Regel sehr kompetent. Hier kommt es auf etwas anderes an. Sie brauchen die Sicherheit, dass Sie die notwendigen Techniken beherrschen. In welcher Rolle werden Sie sein? Übergeordnet oder untergeordnet? Was sind die typischen Inhalte der Gespräche der anwesenden Personen, Sport, Kultur, Lokales? Was sind die typischen Einstiegsfragen? Und Sie sollten natürlich regelrecht Übungen gemacht haben. Üben Sie mit Freunden einfach drauflos zu plappern, üben Sie die verschiedenen Rollensituationen, üben Sie blitzschnell wechselnd über verschiedene Themen zu besprechen, zum Beispiel, indem ein Dritter Ihnen in kurzen Abständen neue Themen zuruft, über die sie dann sprechen sollen, ohne Verzögerung, sofort losreden. Und Sie sollten auch geübt haben, was Sie tun können, um absolute No-go-Themen zu vermeiden, bzw., wenn sie angesprochen werden, zu umschiffen: Krankheit, Finanzielles, alle Themen, die Ihr Gegenüber und Sie selber unangenehm berühren könnten.
Erproben Sie sich, indem Sie auf Veranstaltungen gehen, Informationsveranstaltungen, Round Tables, Vernissagen, wo Sie niemanden kennen. Und sprechen Sie Menschen an. Üben Sie, bis es locker funktioniert. Nehmen Sie sich vor, 5, 10 oder 20 Menschen am Abend anzusprechen. Nutzen Sie Zugfahrten, Flugreisen etc. ganz bewusst. Ergreifen Sie die Initiative.

Zusammengefasst also: Sie erarbeiten sich ein Repertoire an möglichen Themen, Einstiegsfragen und Antworten. Halten Sie sich immer vor Augen, dass der Smalltalk eine leichte, nicht in die Tiefe gehende Konversationsform ist, deren wichtigstes Ziele gute Atmosphäre und lockere Kontaktaufnahme sind.

Und was meinen Sie mit „Etwas vorhaben“?

Machen Sie doch bitte einfach mal den Versuch, durch den Raum zu gehen, ohne zu wissen wo sie genau hingehen wollen. Sie werden rumeiern. Genauso bewegen Sie sich im Gespräch, wenn Sie ohne Ziel sprechen. Überlegen Sie sich also, was Sie auf dieser Veranstaltung, bei dieser Begegnung im Sinn haben. Wollen Sie, z.B. beim Neujahrsempfang bestimmte Personen kennen lernen, mit bestimmten Personen den Kontakt vertiefen oder bei der Chefin/dem Chef einen bestimmten Eindruck machen? Wenn Sie dies für sich geklärt haben, werden Sie sich auf der Veranstaltung überzeugend bewegen können. Sie werden zum Beispiel am anderen Ende des Raumes Herrn XY sehen, mit dem Sie immer schon mal ein paar Worte wechseln wollten. Sie gehen nun also durch den Raum mit einem klaren Ziel. Die andern werden Sie wahrnehmen als eine Person, die weiß wo sie hingeht, ganz konkret. Dadurch bekommen diese Personen einen bestimmten Eindruck von Ihnen. Wenn Sie dies wollen, müssen sie sich so verhalten.

Konkret können Sie dies üben, indem Sie in einem Raum z.B. zum Fenster gehen oder zu einem Bild gehen und dieses betrachten (möglicherweise wird eine zweite Person Sie ansprechen auf dieses Bild oder Sie können selbst eine Person ansprechen). Sie können auch gezielt zu einer Person gehen und diese ansprechen. Beobachten Sie dabei bitte, wie sich Ihr Gang verändert, wie Sie sich mit sicher gesetzten Schritten bewegen. Dies hat auch eine Rückwirkung auf Sie selber. Spüren Sie das? Sie können sich auch vornehmen, ziellos wie auf einer Promenade zu schlendern und alle Personen, denen Sie begegnen, freundlich lächelnd zu grüßen.

Sie üben hier also zweierlei: sich ein klares Ziel zu setzen und es umzusetzen.

Ähnliches gilt für die weiteren angesprochenen Situationen wie vor dem Vorstellungsgespräch oder im Chef im Auto mit dem Chef. Je klarer Sie für sich selbst Ihre Rolle und die daraus folgenden Handlungsweisen vorgeplant haben, umso ruhiger und selbstsicherer werden Sie in der Situation sein und dies auch ausstrahlen.

Man liest ja häufiger, dass man sein gegenüber dort abholen solle, wo sie oder er ist. Gilt das auch beim Smalltalk?

Ja, absolut. Die Wahrnehmung für die andere Person und sich selbst ist in dieser leichten flüssigen Kommunikationsart besonders wichtig. Dazu gleich mal eine Frage: Wie geht es Ihnen, wenn jemand mit Ihnen spricht, und Sie haben das Gefühl, er ist mit seinen Gedanken, Augen und Ohren eigentlich ganz woanders? Genau, nicht besonders gut. Deshalb bitte ich Sie, seien Sie sehr zugewandt, nehmen Sie Ihr Gegenüber sehr genau wahr und – und das ist ganz wichtig – auch Ihre eigenen Reaktionen. Fühle ich mich in dem Gespräch wohl, nehme ich eine Spannung wahr, fühle ich mich gar unwohl? Versuchen Sie herauszufinden, woran das liegt. Sprechen Sie zu lange mit der Person? Vielleicht beobachten Sie, dass diese Personen dringend mit einer weiteren Person sprechen möchte? Oder zum Buffet rüberschaut, weil es dort etwas Leckeres gibt oder dort eine für sie interessante Person steht? Reagieren Sie darauf, indem Sie sich verabschieden, dies begründen Sie mit der Notwendigkeit, eine andere Person treffen zu wollen, zum Büffett gehen oder sich ein Getränk holen zu wollen. Alles mit Leichtigkeit und nach Möglichkeit Eleganz.

Sollte ich eine bestimmte Haltung einnehmen, bestimmte Gesten und Bewegungen einüben?

Die Frage, wie viel erlernte Gesten, Kopfhaltungen oder Redewendungen wirklich nützen, fordert auch Ihre Beobachtungsgabe und Wahrnehmungsfähigkeit. Wirken manche Personen auf Sie gekünstelt? Unnatürlich? Haben Sie im Gespräch das Gefühl, dass die Person mit diesen äußeren Formen etwas erreichen will, sie beeindrucken will? Oder alles ganz richtig machen will?

Nach unseren Erfahrungen nützt es wenig, sich bestimmte Gesten und Bewegungen aneignen zu wollen. Das Einzige, worauf es wirklich ankommt, ist, dass Ihre Persönlichkeit sichtbar wird. Das geschieht nur, wenn Sie unverstellt und ungekünstelt handeln. Wenn Sie also dafür gesorgt haben, dass Sie in der Situation ein möglichst gutes Empfinden von Wohlgefühl haben, wenn Sie die Techniken beherrschen und wenn Sie schließlich wissen, was Sie wollen, wohin Sie wollen, dann können Sie innerlich ruhig hineingehen und werden überzeugend wirken. Sie brauchen dann nicht künstlich einen Fahrplan abzuarbeiten, sondern können reagieren und agieren wie es die Situation erfordert. Spielerisch, mit Leichtigkeit und einem lächelnden Gesicht.

So, wie Sie wirklich sind.

Campus life Nr. 6 / 2013